Bioethikkommission diskutiert zu Gen-Chirurgie

Treffen der deutschsprachigen nationalen Ethikkommissionen zum Themenbereich "gene editing" in Wien

Christiane Druml, Vorsitzende der österreichischen Bioethikkommission, eröffnete den öffentlichen Teil des trilateralen Treffens der deutschsprachigen Ethikkommissionen und umriss die Themenstellung: "Die neue Technik der Gen-Chirurgie, der sogenannten CRISPR-CAS9-Methode, zeigt sich im Labor als preiswert, einfach zu handhaben und hat in der Grundlagenforschung einen Siegeszug angetreten". Während die somatische Gentherapie weitgehend unbestritten sei, werde jedoch vor Interventionen in die Keimbahnen mit unabsehbaren Auswirkungen auf künftige Generationen gewarnt. "Der Warner hat immer Recht, wir wollen aber auch einen möglichen Nutzen sowie mögliche Wohltaten der Gentherapie nicht außer Acht lassen. Gerade in unserem 'postfaktischen' Zeitalter, das oft einen Tunnelblick hervorbringt, müssen wir auf breitere Information setzen."

Andrea Büchler, Präsidentin der Schweizer Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin, gab einen Überblick über bisherigen Stellungnahmen von international wirkenden Ethikbeiräten wie jene des Europarats, der UNESCO, des International Summit on Human Gene Editing in Washington, der Leopoldina, der Union der deutschen Akademien oder des Nuffield Councils. Gemeinsam sei den Stellungnahmen die Bejahung der weiteren Forschung, jedoch ebenso dringend würden globale Normen für bevorstehende Anwendungen gefordert. Für die Intervention in der Keimbahn, also jene Anwendung, die Einfluss auf nachkommende Generationen hat, werde vielfach ein Moratorium gefordert. Die Technik sei auch noch weit entfernt von der Anwendungsreife im somatischen Bereich, wenngleich jüngst schon Versuche am Menschen – zur Gentherapie bei Lungenkrebs – in China bekannt geworden sind.

Im Anschluss diskutierten Peter Dabrock, Deutscher Ethikrat, Rainer Riedl von DEBRA Austria und Vater eines Schmetterlingskindes, Johannes Gobertus Meran, Onkologe und Mitglied der Bioethikkommission Österreich und Karen Nestor von der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin der Schweiz am Podium und mit dem Publikum. Für Riedl seien aus Patientensicht ethische Diskussionen "Luxus", jede neue Technologie werde zum Strohhalm der Hoffnung. Freilich sei ihm auch mittlerweile klar, dass die Anwendbarkeit noch in weiter Ferne liege. Den weiten Weg zur effektiven Therapie unterstrich auch Onkologe Meran: "Bei der klinischen Anwendung stehen wir noch ganz am Anfang". Er sei jedenfalls vorsichtig bei "Embryonen-verbrauchenden Technologien". Doch wenn Stammzellen bereits aus Hautzellen gewonnen werden könnten, müsste man vielleicht auch die ethische Diskussion neu führen, gab Ethikrat Dabrock zu bedenken. Er ging auch auf den möglichen Eingriff in die Keimbahn näher ein: Die Auswirkungen auf spätere Generationen könnten erst in 80 bis 90 Jahren halbwegs gesichert bewertet werden. Nestor unterstrich: Man müsse sich Zeit lassen für grundsätzliche Überlegungen.

Die Grundfragen der Diskussion seien vergleichbar mit der schon bekannten Problematik in der Debatte um genetische Eingriffe oder auch um die Präimplantationsdiagnostik, erläuterte Christiane Druml im Anschluss. Die Bioethikkommission werde jedenfalls diese international topaktuelle Diskussion weiterführen und auch die entsprechende Gesetzeslage in Österreich, wie zum Beispiel das Gentechnikgesetz, auf ihre Aktualität hin betrachten.

Bilder sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramtes kostenfrei abrufbar

Rückfragehinweis:
Geschäftsstelle der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt