Bioethikkommission diskutiert den Einsatz von Robotern im Pflegebereich

Öffentliche Sitzung zum Thema "Von Mensch und Maschine: Roboter in der Pflege" am 2. Mai 2016

"Wir haben uns das Thema des Robotereinsatzes in der Pflege bewusst vorgenommen, um damit die notwendigen ethischen, rechtlichen aber auch praktischen Fragen aufzuwerfen, die sich aus dieser technologischen Entwicklung für unsere Gesellschaft ergeben", so die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, zum inhaltlichen Programm der öffentlichen Kommissionssitzung im Bundeskanzleramt. Die Tagung zum Thema "Von Mensch und Maschine: Roboter in der Pflege" fand unter Beteiligung internationaler Expertinnen und Experten statt, die aus Wissenschaft und Praxis berichteten. In der Debatte wurden ethische Implikationen und gesellschaftliche Konsequenzen von maschineller Versorgung behandelt, aber auch erste empirische Erfahrungen und Fragen der praktischen Umsetzung.

"Den Einsatz von möglichst menschenähnlichen Robotern sehe ich als ein sehr politisches und auch ideologisch belastetes Thema. Als Ausgangspunkt für die Propagierung von Pflege-Robotern dient die Behauptung, dass wir in Zukunft nicht genug Betreuungspersonal für ältere Menschen haben werden. Auch erwartet man sich dadurch eine Kostenersparnis im Pflegebereich. Als Bioethikkommission sehe ich uns dazu verpflichtet, diesen Behauptungen nachzugehen und die Fakten zu überprüfen", so Ina Wagner, Mitglied der Bioethikkommission. Wichtig sei, so der mehrfache Tenor in der Expertenrunde, dass die Technologieentwicklung sich am Bedarf der Menschen orientiert, und nicht umgekehrt das technisch Mögliche die Anwendungsgebiete vorgibt.

Michael Decker vom Karlsruher Institut für Technologie nannte beispielsweise sinnvolle Nischen-Anwendungen bei der Betreuung dementer Menschen: "Hier können Roboter als Hilfsmittel eingesetzt werden, um Impulse für Interaktionen zu setzen." Oliver Bendel vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Nordwestschweiz betonte, dass es noch intensiver Forschung bedarf, insbesondere bei Roboter-Prototypen, die Menschen direkt anfassen. Für Markus Wohlmannstetter von der Krankenanstalt Rudolfstiftung ist es dabei wichtig, dass Roboter als unterstützende Hilfsmittel gesehen werden, sie aber menschliche Pflege nicht komplett ersetzen können. Auch Mark Coeckelbergh vom Institut für Philosophie der Universität Wien betonte die Unterscheidung zwischen reinen Assistenzleistungen und stärker autonomen Robotern. "Hier geht es auch um die Frage, wie wir mit Fehlleistungen von Robotern umgehen würden", so Coeckelbergh. Ein assistierender Robotereinsatz unter menschlicher Überwachung sei weniger strittig als stärker autonome Varianten.

Jutta Weber vom Institut für Medienwissenschaften der Universität Paderborn warnte vor einer zu stark technologieorientieren Debatte, bei der die ethische Perspektive ins Hintertreffen gerät. "Es geht darum, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Dazu müssen wir zunächst die Problemlage analysieren und verschiedene Zugänge zu Lösungen ermöglichen", so Weber. Es müssten auch die gesellschaftlichen Folgewirkungen in Betracht gezogen werden, die mit einer Automatisierung im Pflegebereich einhergehen. In der Expertenrunde wurde neben den Vorteilen auch auf die Nachteile des Robotereinsatzes hingewiesen: So stünde der erhofften Entlastung von Angehörigen und Pflegepersonal eine immer größer werdende Angriffsfläche für die Überwachung von Haushalten und Datengewinnung von Privatpersonen gegenüber.

Bilder von der öffentlichen Sitzung der Bioethikkommission sind über das Fotoservice des Bundespressedienstes kostenfrei abrufbar.

Rückfragehinweis:
Geschäftsstelle der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt
E-Mail: bioethikkommission@bka.gv.at