Kommission präsentiert Pläne zur Sicherstellung der Versorgung mit Rohstoffen

10 Prozent der besonders wichtigen Rohstoffe sollen in der EU gefördert werden – Diversifizierung der Lieferketten für mehr Resilienz in diesem Bereich – Kritische Rohstoffe für die Produktion von Handys und Computerchips, aber auch für den Verteidigungs- und Raumfahrtsektor sowie Digitalwirtschaft unverzichtbar

Microchip mit Flagge der Europäischen Union

Bei der sicheren und nachhaltigen, diversifizierten und bezahlbaren Versorgung mit besonders wichtigen – sogenannten "kritischen" und strategischen – Rohstoffen möchte die Europäische Kommission feste Zielvorgaben machen und dazu beitragen, Europas Abhängigkeit von anderen Ländern zu reduzieren. Das geht aus einem Maßnahmenpaket – bestehend aus einer Verordnung und einer Mitteilung – hervor, das die Kommission am 16. März 2023 präsentiert hat und das eine der zentralen Initiativen im Rahmen des Industrieplans für den europäischen "Green Deal" darstellt. Der vorgelegte "Critical Raw Materials Act" soll zudem zu einer Diversifizierung der Lieferketten beitragen, um die Resilienz in diesem Bereich zu stärken.

Kritische Rohstoffe sind für den ökologischen und digitalen Wandel ebenso wie in der Verteidigungs- und der Raumfahrtindustrie unverzichtbar. Des Weiteren werden sie auch für die Produktion von Handys und Elektrofahrzeugen, Computerchips, Batterien, Solarpaneelen und Windturbinen benötigt.

Eigenproduktion und -verarbeitung sowie Recycling innerhalb der EU ausbauen

Nach den Plänen der Kommission sollen in der EU künftig – gemessen am Jahresverbrauch – mindestens 10 Prozent dieser strategisch besonders wichtigen Rohstoffe gefördert, 40 Prozent verarbeitet und 15 Prozent recycelt werden. Nicht mehr als 65 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU an einem beliebigen strategischen Rohstoff in jedem relevanten Verarbeitungsstadium sollen künftig aus einem einzigen Drittland stammen, so die Kommission.

Des Weiteren schlägt die Europäische Kommission folgende Maßnahmen vor:

  • Sichere und widerstandsfähige Lieferketten für kritische Rohstoffe in der EU: Durch verringerte Verwaltungsaufwände, einfachere Genehmigungsverfahren und besseren Zugang zu Finanzmitteln sollen Genehmigungsfristen für strategisch wichtige Projekte verkürzt werden. Die EU-Mitgliedstaaten werden zur Erstellung von nationalen Programmen zwecks Exploration geologischer Ressourcen aufgerufen.
  • Minimierung von Versorgungsrisiken in der EU: Auf Ebene der Mitgliedstaaten sollen Lieferketten für kritische Rohstoffe überwacht und strategische Rohstoffvorräte koordiniert werden. Auch Großunternehmen sind betroffen: Sie müssen, geht es nach der Kommission, die Lieferketten der von ihnen benötigten strategischen Rohstoffe einem Audit inklusive Stresstest unterziehen.
  • Investitionen in Forschung, Innovation und Kompetenzen: Zu diesem Zweck sollen unter anderem eine groß angelegte "Kompetenzpartnerschaft" für kritische Rohstoffe und eine "Rohstoffakademie" aufgebaut werden. Außerhalb der EU werden mit der Initiative "Global Gateway" Partnerländer dabei unterstützt, ihre eigenen Abbau- und Verarbeitungskapazitäten sowie entsprechende Kompetenzen zu entwickeln.
  • Mehr Umweltschutz durch verbesserte Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit: Die Versorgung mit kritischen Rohstoffen müsse, so die Kommission, mit verstärkten Bemühungen einhergehen, negative Folgen bezüglich der Rechte von Arbeitskräften, der Menschenrechte sowie des Umweltschutzes abzumildern – innerhalb der EU als auch in Drittländern. Dies betrifft auch das Abfallmanagement sowie Fragen der Rückgewinnung.

Weltweiten Handel mit zuverlässigen, gleichgesinnten Partnern intensivieren

Um im Bereich der kritischen Rohstoffe unabhängiger zu werden, verstärke die EU ihre Zusammenarbeit mit "zuverlässigen" Handelspartnern auf der ganzen Welt, betonte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. "Rohstoffe sind für die Herstellung von Schlüsseltechnologien für unsere doppelte Energiewende – wie Windenergieerzeugung, Wasserstoffspeicherung oder Batterien – unerlässlich. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, die Produktion auf nachhaltige Weise hochzufahren und gleichzeitig ein Höchstmaß an Diversifizierung der Lieferketten für unsere europäischen Unternehmen zu gewährleisten."

Denn die Europäische Union, so die Kommission, würde ihren Bedarf an Rohstoffen niemals selbst decken können und müsse daher weiterhin auf Importe setzen. In diesem Kontext möchte die Union für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern, insbesondere im Rahmen der "Global Gateway"-Strategie, weiter ausbauen. Zusätzlich plant die EU ihre handelspolitischen Maßnahmen zu intensivieren, etwa durch die Einrichtung eines "Clubs für kritische Rohstoffe" mit gleichgesinnten Staaten, die Stärkung der Welthandelsorganisation (WTO) oder den Abschluss weiterer Abkommen über nachhaltige Investitionsförderung und Freihandelsabkommen.

Die nächsten Schritte

Bevor die vorgeschlagene Verordnung erlassen wird und in Kraft tritt, muss sie vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt werden.

Hintergrund: Weniger Importe, mehr Unabhängigkeit

Prognosen zufolge wird die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen in den nächsten Jahren zunehmen. Der Bedarf an Erdmetallen etwa, die für Windturbinen und elektrisch betriebene Fahrzeuge wichtig sind, werde 2030 etwa 5 bis 6 Mal so hoch sein wie der aktuelle Bedarf. Der Bedarf an Lithium-Batterien werde 2030 12 Mal und 2050 21 Mal so hoch sein wie aktuell. Europa ist stark auf Importe angewiesen, die häufig von Lieferantinnen und Lieferanten aus nur einem Drittland mit einer Quasi-Monopolstellung stammen. Dies vergrößert das Risiko von Engpässen, wie sie etwa im Zuge der Covid-19-Pandemie oder des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine mit Folgen insbesondere für die Energieversorgungssicherheit deutlich geworden sind. 

Nach Angaben der Europäischen Kommission bezieht die EU etwa 98 Prozent ihrer Metalle der seltenen Erden und 93 Prozent ihres Magnesiums aus China, 98 Prozent des benötigten Bedarfs an Borat aus der Türkei und 71 Prozent des Platinbedarfs aus Südafrika. Lithium wiederum, das für die Produktion von Batterien von entscheidender Bedeutung ist, stamme zu 78 Prozent aus Chile.

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